
Sunday, July 12, 2020
Robin Laik: Wir haben seit mehr als zwei Jahren kontinuierlich an der nachhaltigen Ausrichtung von Mutares gearbeitet, um weiteres deutliches Wachstum stemmen zu können. Wir haben entsprechend neue M&A-Büros in Mailand und London eröffnet – bald kommt noch ein weiteres Büro in Helsinki dazu – und unsere operative Beratung gezielt mit Spezialisten für Vertrieb, Einkauf, Produktion und IT gestärkt. Wir sehen uns somit exzellent für das angestrebte zusätzliche Wachstum aufgestellt.
Johannes Laumann: In der Tat haben wir, nach einem aufregenden und erfolgreichen Jahr 2018, im laufenden Jahr die Schlagzahl noch einmal erhöht. Wir sehen, dass die von uns eingeschlagene Strategie des Buy & Build in unserem Marktsegment sehr gut funktioniert und uns ermöglicht, deutliche Wertzuwächse unserer Beteiligungen zu erzielen. Diese Chancen wollen wir konsequent nutzen.
Laik: Inklusive der keeeper-Gruppe und KICO umfasst das Mutares-Portfolio aktuell 13 Beteiligungen. Drei dieser Beteiligungen haben wir bereits transaktionsseitig aktiv in ihrem Bestreben unterstützt, anorganisch zu wachsen und haben im Rahmen unseres Buy & Build-Ansatzes neun strategische Zukäufe getätigt. Zusätzlich unterstützen wir operativ auch organisches Wachstum unserer Beteiligungen. Hier sind insbesondere erfreuliche Entwicklungen bei der Gemini Rail Group mit der Einführung eines neuen Produktes im Bereich Hybridantriebe für Züge sowie bei Balcke-Dürr mit dem erfolgreichen Markteintritt in den lukrativen Rückbau von Kraftwerken zu nennen. In vergleichbarer Weise werden wir zukünftig auch bei unseren jüngsten Plattforminvestitionen Plati, keeeper-Gruppe und KICO verfahren.
Laumann: Plati ist für uns eine besondere Akquisition – es ist das erste Mal, dass wir nicht 100 %, sondern nur 80 % der Anteile übernommen haben. Plati ist ein hochspezialisierter Anbieter von Kabelbäumen und Verkabelungen, der verschiedenste Industrien bedienen kann, den Hauptkundenstamm hauptsächlich im Automotive-Bereich hat und hier von den Entwicklungen im Bereich E-Mobilität profitiert. In der Gruppe mit Elastomer versprechen wir uns zum einen übergreifende Synergien, z. B. im Einkauf und auch beim Übertragen von Best Practices und Operational Excellence. Zum anderen streben wir mittelfristig an, dadurch die strategische Positionierung und Wettbewerbsfähigkeit beider Unternehmen bestmöglich zu fördern.
Laik: Als Hauptaktionär mit über 60 % der Anteile beeinflusst diese Entwicklung entsprechend die Planung von Mutares; gleichzeitig ist die STS Group nur eine von insgesamt 13 Beteiligungen in unserem Portfolio. Wir sind von den mittelfristigen Perspektiven der STS Group unverändert überzeugt, kurzfristig können negative Schwankungen bei einer Tochtergesellschaft durch positive Entwicklungen bei anderen Tochtergesellschaften ausgeglichen bzw. abgefangen werden.
Laumann: Unser Investmentansatz beruht darauf, dass wir in Situationen investieren, die wir gut kennen und beherrschen. Das Marktumfeld spielt gerade am Anfang eines Investments eine untergeordnete Rolle. Momentan trifft es zu, dass sich etablierte, größere Unternehmen im Automobilbereich verstärkt die Frage stellen, welche Aktivitäten sie angesichts neuer Antriebsformen und Trends zur Gewichts- und Emissionsreduzierung verstärkt fördern wollen – und von welchen Aktivitäten sie sich trennen möchten, trotz eines funktionierenden Geschäftsmodells. Wir wählen unsere Investments anhand strikter Kriterien aus, zu denen etablierte Produkte und ein funktionierendes Geschäftsmodell zählen. Ich gebe aber zu, dass ich als ehemaliger Mitarbeiter eines deutschen OEMs ein besonderes Faible für die Automotive-Branche habe.
Laumann: Die Art und Höhe der einmaligen Aufwendungen für Restrukturierung sind stark abhängig von der individuellen Situation des jeweiligen Unternehmens. Die tatsächlich angefallenen Einmalaufwendungen weisen wir auch in unseren quartalsweise veröffentlichten Ergebnisberichten separat unter dem Kapital „Adjusted EBITDA“ aus. Grundsätzlich werden Restrukturierungskosten und Einmalaufwendungen von unseren Beteiligungen selbst getragen, sodass sich keine Belastung für die Mutares als Muttergesellschaft ergibt.
Laik: Wir prüfen ständig, welche unserer Beteiligungen potenzielle Exitkandidaten sind und auf Interesse im Markt stoßen. Als Investmenthorizont sehen wir drei bis sechs Jahre Haltedauer als ideal an. Als börsennotierte Beteiligungsgesellschaft sind wir hier relativ ungebunden und lassen uns dabei offen, fallweise zu entscheiden, um das beste Wertpotenzial aus einer möglichen Veräußerung realisieren zu können. Generell schließen wir einen erneuten Börsengang einer unserer Beteiligungen nicht aus. Wir sehen diese Form des Exits jedoch als komplementären Exitkanal zum alternativen Trade Sale. Was das laufende Jahr angeht, können wir aktuell keine konkreten Aussagen treffen, nur so viel: Wir prüfen überlegt, wann der richtige Zeitpunkt für einen (Teil-)Exit ist.
Laumann: Sie spielen auf die Übernahme der Gemini Rail Group (ehemals Knorr Bremse Rail Services UK) an, die wir 2018 erfolgreich abgeschlossen haben, und die fast gleichzeitige Eröffnung unseres Büros in London. Wir sind sehr zufrieden bis jetzt mit unseren Aktivitäten im Vereinigten Königreich und sehen eine attraktive Pipeline möglicher Transaktionen im Markt. Für uns ist die Unsicherheit rund um den Brexit sogar von Vorteil, da sich der ein oder andere Konzern nun leichter für den Verkauf eines nicht optimal wirtschaftenden Randgeschäfts entscheidet. Operativ hat der Brexit für uns hingegen relativ wenig Einfluss. Die Gemini Rail Group ist ausschließlich im heimischen Markt aktiv, und unsere weiteren Beteiligungen stehen nicht in einem engen wirtschaftlichen Austausch mit dem britischen Wirtschaftsraum. In unseren anderen Portfoliogesellschaften sehen wir aktuell keinen wesentlichen Einfluss des Brexits auf unser Geschäft.
Laik: Wir sind mit der Entwicklung der Aktie im ersten Halbjahr 2019 zufrieden, was die Entwicklung im Vergleich mit Benchmark-Indizes angeht – hier hat die Mutares-Aktie eine deutlich überdurchschnittliche Performance gezeigt. In Summe sehen wir dennoch, wie Sie richtig feststellen, deutlich mehr Wertpotenzial in Mutares und damit eine höhere Bewertung als die Bewertung auf Basis des aktuellen Aktienkurses. Wir hoffen, dass unsere operative wie auch transaktionsseitige Performance vom Kapitalmarkt honoriert wird und spätestens mittelfristig dafür sorgt, dass sich dieser Erfolg, auch mittels einer aktiven Kapitalmarktkommunikation, in der Bewertung unserer Aktie widerspiegeln wird.
Laumann: Insbesondere unsere beiden Beteiligungen Balcke-Dürr Group und Donges Group haben sich innerhalb der letzten zwei Jahre von einzelnen Plattforminvestitionen mit massivem Verbesserungspotenzial wieder zu etablierten Playern in ihren Märkten entwickelt. Bei beiden Gruppen haben wir bereits mehrere strategische Zukäufe erfolgreich getätigt, um das Wachstum auch anorganisch kräftig zu unterstützen. Ziel ist, die Marktposition, inklusive der Erschließung neuer, zukunftsträchtiger Märkte und Kunden, weiter zu festigen und auszubauen. Bei der Donges Group konnten wir so das Unternehmen innerhalb von 24 Monaten von nicht-profitablen 40 Mio. Euro Umsatz zu einer Gruppe – nach Abschluss der RBS-Transaktion – mit 400 Mio. Euro Umsatz und deutlich positivem EBITDA-Level entwickeln. Wir denken, dass eine solch starke operative Leistung sich auch in unserem Aktienkurs widerspiegeln sollte.
Laik: Eine Dividendenrendite von über 11 %, die wir unseren Aktionären dieses Jahr geboten haben, stellt für Anleger einen äußerst attraktiven Wert dar. Ein ähnliches Dividendenniveau bezogen auf die Ausschüttung je Aktie können Sie sehr wohl auch für die Folgejahre erwarten: Wir haben uns bereits zur Veröffentlichung des Geschäftsberichtes 2018 zu einer nachhaltigen Dividendenfähigkeit bekannt und wollen unsere Aktionäre weiterhin auf ähnlich hohem Niveau am Erfolg und Wachstum von Mutares teilhaben lassen.
Laumann: Wir möchten Werte für unsere Aktionäre schaffen. Dies schaffen wir durch intelligente und aggressive Einkäufe am Markt, die operative Expertise unserer Beratungsmannschaft und mit dem richtigen Gespür für den idealen Zeitpunkt des Verkaufs eines Unternehmens. Ich vergleiche dies gerne mit dem Einkauf eines Mittelstürmers: Wir müssen zu einem günstigen Preis einen talentierten Spieler finden, ihn mit einem erfahrenen Trainerteam zu einem Spitzenspieler formen, um ihn anschließend zum idealen Zeitpunkt mit einem attraktiven Gewinn wieder zu veräußern.
Laik: Vielleicht etwas weniger fußballerisch würde ich sagen, dass wir als Mutares überlegt, aber schnell wachsen wollen, unseren Fokus und unsere Identität beibehalten und im Bereich Turnaround-Investor in Europa eine wesentliche Rolle spielen. Ich erwarte einen steigenden Umsatz, eine hohe Transaktionsaktivität sowie sich positiv entwickelnde Gewinne und Kurse.