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Sunday, July 12, 2020

Management Interview

Robin Laik und Johannes Laumann

CEO und CIO Mutares
CEO und CIO Mutares
Mutares SE & Co. KGaA

Mutares: „Wir haben die Schlagzahl nochmals erhöht“

Sieben Transaktionen hat die Münchner Beteiligungsgesellschaft Mutares (ISIN DE000A2NB650) im laufenden Geschäftsjahr bereits realisiert. „Wir haben seit mehr als zwei Jahren kontinuierlich an der nachhaltigen Ausrichtung von Mutares gearbeitet, um weiteres, deutliches Wachstum stemmen zu können“, erläutert Mutares-CEO Robin Laik im Interview mit Financial.de. „Die von uns eingeschlagene Strategie des Buy & Build funktioniert in unserem Marktsegment sehr gut. Wir möchten Werte für unsere Aktionäre schaffen“, ergänzt CIO Johannes Laumann. Nach einer Dividende von 1 Euro je Aktie für 2018 dürfen sich Mutares-Aktionäre auch künftig über attraktive Ausschüttungen freuen.
Im Exklusivinterview mit Financial.de sprechen Robin Laik und Johannes Laumann u. a. über die jüngsten Zukäufe, Chancen im Bereich E-Mobilität, die Auswirkungen des Brexits und die Insiderkäufe des Managements.

Financial.de: Neben drei Add-on-Akquisitionen für die Donges Gruppe (Normek, FDT, RBS) hat Mutares dieses Jahr bisher vier weitere Transaktionen getätigt. Herr Laik, obwohl Sie Ihr ursprüngliches Ziel für das Gesamtjahr damit bereits übererfüllt haben, stellen Sie für das zweite Halbjahr weitere Transaktionen in Aussicht. Wo sehen Sie Chancen und wann stoßen Sie an Ihre Kapazitätsgrenze beim Wachstum?

Robin Laik: Wir haben seit mehr als zwei Jahren kontinuierlich an der nachhaltigen Ausrichtung von Mutares gearbeitet, um weiteres deutliches Wachstum stemmen zu können. Wir haben entsprechend neue M&A-Büros in Mailand und London eröffnet – bald kommt noch ein weiteres Büro in Helsinki dazu – und unsere operative Beratung gezielt mit Spezialisten für Vertrieb, Einkauf, Produktion und IT gestärkt. Wir sehen uns somit exzellent für das angestrebte zusätzliche Wachstum aufgestellt.

Financial.de: Herr Laumann, Mutares hat die Übernahme der RBS Oy, einem der führenden Anbieter von Stahlkonstruktionen in Nord und Osteuropa, angekündigt. Dies ist bereits die siebte Transaktion im laufenden Jahr. Damit haben Sie 2019 die Schlagzahl bei der Expansion nochmals deutlich erhöht oder täuscht dieser Eindruck?

Johannes Laumann: In der Tat haben wir, nach einem aufregenden und erfolgreichen Jahr 2018, im laufenden Jahr die Schlagzahl noch einmal erhöht. Wir sehen, dass die von uns eingeschlagene Strategie des Buy & Build in unserem Marktsegment sehr gut funktioniert und uns ermöglicht, deutliche Wertzuwächse unserer Beteiligungen zu erzielen. Diese Chancen wollen wir konsequent nutzen.

Financial.de: Herr Laik, die keeeper-Gruppe wie auch die Kirchhoff GmbH & Co. KG (KICO) dienen als neue Plattformbeteiligungen, die künftig durch Add-On-Akquisitionen gestärkt werden sollen. Wie viele Plattforminvestments hat Mutares inzwischen und welche dieser Beteiligungen entwickelt sich besonders positiv?

Laik: Inklusive der keeeper-Gruppe und KICO umfasst das Mutares-Portfolio aktuell 13 Beteiligungen. Drei dieser Beteiligungen haben wir bereits transaktionsseitig aktiv in ihrem Bestreben unterstützt, anorganisch zu wachsen und haben im Rahmen unseres Buy & Build-Ansatzes neun strategische Zukäufe getätigt. Zusätzlich unterstützen wir operativ auch organisches Wachstum unserer Beteiligungen. Hier sind insbesondere erfreuliche Entwicklungen bei der Gemini Rail Group mit der Einführung eines neuen Produktes im Bereich Hybridantriebe für Züge sowie bei Balcke-Dürr mit dem erfolgreichen Markteintritt in den lukrativen Rückbau von Kraftwerken zu nennen. In vergleichbarer Weise werden wir zukünftig auch bei unseren jüngsten Plattforminvestitionen Plati, keeeper-Gruppe und KICO verfahren.

Financial.de: Sie sprechen von Plati Elettroforniture S.p.A, im Juni haben Sie 80 % der Anteile an diesem Automobilzulieferer und Produzenten von Verkabelungen gekauft. Plati soll gemeinsam mit Ihrer Tochtergesellschaft Elastomer, die Gummiformteile für die Automobilindustrie liefert, eine neue Automotive Group in Ihrem Portfolio bilden. Wo sehen Sie bei diesen – in den Produkten sehr unterschiedlichen Unternehmen – Synergieeffekte? Wie wollen Sie die Gruppe weiter entwickeln?

Laumann: Plati ist für uns eine besondere Akquisition – es ist das erste Mal, dass wir nicht 100 %, sondern nur 80 % der Anteile übernommen haben. Plati ist ein hochspezialisierter Anbieter von Kabelbäumen und Verkabelungen, der verschiedenste Industrien bedienen kann, den Hauptkundenstamm hauptsächlich im Automotive-Bereich hat und hier von den Entwicklungen im Bereich E-Mobilität profitiert. In der Gruppe mit Elastomer versprechen wir uns zum einen übergreifende Synergien, z. B. im Einkauf und auch beim Übertragen von Best Practices und Operational Excellence. Zum anderen streben wir mittelfristig an, dadurch die strategische Positionierung und Wettbewerbsfähigkeit beider Unternehmen bestmöglich zu fördern.
CEO Robin Laik: „Wir sehen deutlich mehr Wertpotenzial in Mutares und damit eine höhere Bewertung als die Bewertung auf Basis des aktuellen Aktienkurses.“

Financial.de: Schwache Abrufzahlen in China und Europa, striktere Emissionsvorschriften und der anhaltende Handelsstreit zwischen den USA und China lasten auf der Automobilbranche. Die Mitte des vergangenen Jahres an die Börse gebrachte Tochtergesellschaft, die STS Group, hatte im ersten Quartal 2019 einen Umsatzrückgang um mehr als 12 % auf 95,5 Mio. Euro zu verzeichnen. Wie wirkt sich diese Entwicklung auf die Planung von Mutares aus?

Laik: Als Hauptaktionär mit über 60 % der Anteile beeinflusst diese Entwicklung entsprechend die Planung von Mutares; gleichzeitig ist die STS Group nur eine von insgesamt 13 Beteiligungen in unserem Portfolio. Wir sind von den mittelfristigen Perspektiven der STS Group unverändert überzeugt, kurzfristig können negative Schwankungen bei einer Tochtergesellschaft durch positive Entwicklungen bei anderen Tochtergesellschaften ausgeglichen bzw. abgefangen werden.

Financial.de: Der Bereich Automotive machte zuletzt etwa die Hälfte der Konzernerlöse aus. Ist das Portfolio nicht zu abhängig von der Automobilindustrie aufgestellt?

Laumann: Unser Investmentansatz beruht darauf, dass wir in Situationen investieren, die wir gut kennen und beherrschen. Das Marktumfeld spielt gerade am Anfang eines Investments eine untergeordnete Rolle. Momentan trifft es zu, dass sich etablierte, größere Unternehmen im Automobilbereich verstärkt die Frage stellen, welche Aktivitäten sie angesichts neuer Antriebsformen und Trends zur Gewichts- und Emissionsreduzierung verstärkt fördern wollen – und von welchen Aktivitäten sie sich trennen möchten, trotz eines funktionierenden Geschäftsmodells. Wir wählen unsere Investments anhand strikter Kriterien aus, zu denen etablierte Produkte und ein funktionierendes Geschäftsmodell zählen. Ich gebe aber zu, dass ich als ehemaliger Mitarbeiter eines deutschen OEMs ein besonderes Faible für die Automotive-Branche habe.

Financial.de: Welche Art und Höhe an Restrukturierungskosten und Einmalaufwendungen kommen typischerweise nach der Akquisition auf die Unternehmen zu? 

Laumann: Die Art und Höhe der einmaligen Aufwendungen für Restrukturierung sind stark abhängig von der individuellen Situation des jeweiligen Unternehmens. Die tatsächlich angefallenen Einmalaufwendungen weisen wir auch in unseren quartalsweise veröffentlichten Ergebnisberichten separat unter dem Kapital „Adjusted EBITDA“ aus. Grundsätzlich werden Restrukturierungskosten und Einmalaufwendungen von unseren Beteiligungen selbst getragen, sodass sich keine Belastung für die Mutares als Muttergesellschaft ergibt.

Financial.de: Ein wesentlicher Ergebnistreiber für Mutares sind erfolgreiche Unternehmensverkäufe. Welche Gesellschaften gehören aktuell zum Kreis der Exit-Kandidaten und mit welchem Zeithorizont planen Sie dabei? Ist erneut ein Börsengang denkbar?

Laik: Wir prüfen ständig, welche unserer Beteiligungen potenzielle Exitkandidaten sind und auf Interesse im Markt stoßen. Als Investmenthorizont sehen wir drei bis sechs Jahre Haltedauer als ideal an. Als börsennotierte Beteiligungsgesellschaft sind wir hier relativ ungebunden und lassen uns dabei offen, fallweise zu entscheiden, um das beste Wertpotenzial aus einer möglichen Veräußerung realisieren zu können. Generell schließen wir einen erneuten Börsengang einer unserer Beteiligungen nicht aus. Wir sehen diese Form des Exits jedoch als komplementären Exitkanal zum alternativen Trade Sale. Was das laufende Jahr angeht, können wir aktuell keine konkreten Aussagen treffen, nur so viel: Wir prüfen überlegt, wann der richtige Zeitpunkt für einen (Teil-)Exit ist.  

Financial.de: Herr Laumann, im August 2018 ist Mutares nach Großbritannien expandiert, um Aktivitäten zu bündeln und um gleichzeitig in den nordeuropäischen Markt (Nordics) vorzudringen. Welche Rolle spielt der Brexit für Mutares und wie ist es generell um die weitere internationale Expansion bestellt? 

Laumann: Sie spielen auf die Übernahme der Gemini Rail Group (ehemals Knorr Bremse Rail Services UK) an, die wir 2018 erfolgreich abgeschlossen haben, und die fast gleichzeitige Eröffnung unseres Büros in London. Wir sind sehr zufrieden bis jetzt mit unseren Aktivitäten im Vereinigten Königreich und sehen eine attraktive Pipeline möglicher Transaktionen im Markt. Für uns ist die Unsicherheit rund um den Brexit sogar von Vorteil, da sich der ein oder andere Konzern nun leichter für den Verkauf eines nicht optimal wirtschaftenden Randgeschäfts entscheidet. Operativ hat der Brexit für uns hingegen relativ wenig Einfluss. Die Gemini Rail Group ist ausschließlich im heimischen Markt aktiv, und unsere weiteren Beteiligungen stehen nicht in einem engen wirtschaftlichen Austausch mit dem britischen Wirtschaftsraum. In unseren anderen Portfoliogesellschaften sehen wir aktuell keinen wesentlichen Einfluss des Brexits auf unser Geschäft. 

Financial.de: Herr Laik, Sie verbreiten Optimismus, Vorstände und Aufsichtsratsmitglieder haben im ersten Halbjahr Insiderkäufe im Volumen von 1,3 Mio. Euro getätigt und die Analysten zuletzt ihre Kaufempfehlungen bekräftigt, doch der Aktienkurs macht noch nicht mit. Warum?

Laik: Wir sind mit der Entwicklung der Aktie im ersten Halbjahr 2019 zufrieden, was die Entwicklung im Vergleich mit Benchmark-Indizes angeht – hier hat die Mutares-Aktie eine deutlich überdurchschnittliche Performance gezeigt. In Summe sehen wir dennoch, wie Sie richtig feststellen, deutlich mehr Wertpotenzial in Mutares und damit eine höhere Bewertung als die Bewertung auf Basis des aktuellen Aktienkurses. Wir hoffen, dass unsere operative wie auch transaktionsseitige Performance vom Kapitalmarkt honoriert wird und spätestens mittelfristig dafür sorgt, dass sich dieser Erfolg, auch mittels einer aktiven Kapitalmarktkommunikation, in der Bewertung unserer Aktie widerspiegeln wird. 
Johannes Laumann: „Wir möchten Werte für unsere Aktionäre schaffen. Dies schaffen wir durch intelligente und aggressive Einkäufe am Markt, die operative Expertise unserer Beratungsmannschaft und mit dem richtigen Gespür für den idealen Zeitpunkt des Verkaufs eines Unternehmens.“ 

Financial.de: Sie sprechen von Wertpotenzial, das der Vorstand in Mutares sieht, auf was nehmen Sie hier Bezug?

Laumann: Insbesondere unsere beiden Beteiligungen Balcke-Dürr Group und Donges Group haben sich innerhalb der letzten zwei Jahre von einzelnen Plattforminvestitionen mit massivem Verbesserungspotenzial wieder zu etablierten Playern in ihren Märkten entwickelt. Bei beiden Gruppen haben wir bereits mehrere strategische Zukäufe erfolgreich getätigt, um das Wachstum auch anorganisch kräftig zu unterstützen. Ziel ist, die Marktposition, inklusive der Erschließung neuer, zukunftsträchtiger Märkte und Kunden, weiter zu festigen und auszubauen. Bei der Donges Group konnten wir so das Unternehmen innerhalb von 24 Monaten von nicht-profitablen 40 Mio. Euro Umsatz zu einer Gruppe – nach Abschluss der RBS-Transaktion – mit 400 Mio. Euro Umsatz und deutlich positivem EBITDA-Level entwickeln. Wir denken, dass eine solch starke operative Leistung sich auch in unserem Aktienkurs widerspiegeln sollte.

Financial.de: Herr Laik, für Mutares spricht die attraktive Dividendenstrategie, zuletzt mit Ausschüttungen von jeweils 1 Euro je Aktie für die Geschäftsjahre 2017 und 2018. Was können Ihre Aktionäre zukünftig erwarten?

Laik: Eine Dividendenrendite von über 11 %, die wir unseren Aktionären dieses Jahr geboten haben, stellt für Anleger einen äußerst attraktiven Wert dar. Ein ähnliches Dividendenniveau bezogen auf die Ausschüttung je Aktie können Sie sehr wohl auch für die Folgejahre erwarten: Wir haben uns bereits zur Veröffentlichung des Geschäftsberichtes 2018 zu einer nachhaltigen Dividendenfähigkeit bekannt und wollen unsere Aktionäre weiterhin auf ähnlich hohem Niveau am Erfolg und Wachstum von Mutares teilhaben lassen. 

Financial.de: Wo sehen Sie Mutares in den nächsten drei bis fünf Jahren?

Laumann: Wir möchten Werte für unsere Aktionäre schaffen. Dies schaffen wir durch intelligente und aggressive Einkäufe am Markt, die operative Expertise unserer Beratungsmannschaft und mit dem richtigen Gespür für den idealen Zeitpunkt des Verkaufs eines Unternehmens. Ich vergleiche dies gerne mit dem Einkauf eines Mittelstürmers: Wir müssen zu einem günstigen Preis einen talentierten Spieler finden, ihn mit einem erfahrenen Trainerteam zu einem Spitzenspieler formen, um ihn anschließend zum idealen Zeitpunkt mit einem attraktiven Gewinn wieder zu veräußern. 

Laik: Vielleicht etwas weniger fußballerisch würde ich sagen, dass wir als Mutares überlegt, aber schnell wachsen wollen, unseren Fokus und unsere Identität beibehalten und im Bereich Turnaround-Investor in Europa eine wesentliche Rolle spielen. Ich erwarte einen steigenden Umsatz, eine hohe Transaktionsaktivität sowie sich positiv entwickelnde Gewinne und Kurse. 

Financial.de: Herr Laik, Herr Laumann wir danken für das Gespräch. 

Haftungsausschluss / Disclaimer: Das Interview wurde von financial.de im Auftrag und auf Veranlassung des Kunden geführt. Es dient ausschließlich zu Informationszwecken und ist keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren. Die darin getroffenen Aussagen spiegeln die Meinung des Interviewten wider, die nicht notwendigerweise der Meinung der Redaktion entspricht. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für Vermögensschäden wird daher keinerlei Haftung übernommen.